Oft reist der Tourist in Thailand von Hoehepunkt zu Hoehepunkt am normalen Volk vorbei. Kontakte zu den Einheimischen beschraenken sich meist auf Hotelpersonal, Souvenirverkaeufer, Taxifahrer und Touristenfuehrer. Das kann man aendern, wenn man auf eigene Faust mit dem Mietwagen unterwegs ist.
Dazu bietet sich der Nordosten Thailands an, denn die guten Strassen dieser Region laden zu einer Reise mit dem Auto regelrecht ein. Der sogenannte Isan im Dreieck zwischen Laos und Kambodscha, als Armenhaus und Hinterland verschrien, liegt zentral in der Greater Mekong Subregion, zu der neben den genannten Staaten Vietnam, die chinesische Provinz Yunan und Myanmar (Burma) gehoeren. Dort wohnen immerhin 250 Millionen Menschen, ein Wirtschaftsraum der Zukunft mit einer geradezu spektakulaeren Entwicklung. Und mit der Freundschaftsbruecke ueber den Mekong zwischen Nong Khai und Vientiane wurde 1994 der Grundstein fuer eine durchgehende Strassenverbindung von Singapur bis Peking gelegt. Das epochale Ereignis macht "Schlachtfelder zu Marktplaetzen"; was als grossmaeuliges Schlagwort einherkam, ist laengst Wirklichkeit. Das hat Folgen fuer den Tourismus, bei dem Europaeer nur noch eine Nebenrolle spielen. Asien ist sich selbst genug.
Der Isan als Drehkreuz fuer den Tourismus in Indochina? Man muss sich mit diesem Gedanken anfreunden, denn inzwischen wird die Region schon als "Paket" verkauft. Gewiss, viele Westler werden von Bangkok aus in den Sueden abbiegen und an langen Straenden ihre Tropentraeume erfuellen, aber Reiseunternehmen, diesich nach neuen Maerkten in Indochina umsehen, bieten den Isan ganz selbstverstaendlich in Pauschalangeboten zusammen mit Kambodscha und Laos an. Unrecht haben sie nicht, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.
Auf den Spuren der Khmer Die Khmer haben zwischen dem sechsten und zwoelften Jahrhundert nicht nur in Kambodscha selbst, sondern auch in Thailand, Laos und Vietnam tiefe kulturelle Spuren hinterlassen. Wie Perlen einer Kette reihen sich ihre Tempel entlang den alten Handelsstrassen des einst maechtigen Reiches. Die Thais haben die Khmer bereitwillig beerbt und die verfallenen Anlagen tadellos restauriert, auch wenn sie die Khmer-Vergangenheit nicht allzu oft bemuehen. Jedenfalls bewahren sie das hohe Gut.
Wenn man hinter Khorat vom Freundschafts-Highway nach Phimai abbiegt, vermutet man in dieser verschlafenen Stadt keinen kulturellen "Kick": Eines der vollkommensten Beispiele klassischer Khmer-Kunst aus dem zwoelften Jahrhundert, vergleichbar mit Angkor Wat. Dieser Kosmos aus dunkelrotem Sandstein wurde von Jayavarman IV. erbaut und symbolisiert perfekt der Nachwelt die ganze Fuelle dessen, was die Khmer geistig und religioes bewegt hat. Ein Hauch vom "Olymp des Ostens" weht um den "Heiligen Berg Meru".
Es ist schon eigenartig: Manche Staedte Thailands werden von den Langnasen kaum frequentiert. Sie liegen verkehrsguenstig, ihre kulturellen Schaetze werden liebevoll gehegt und dennoch werden sie fast nur von einheimischen Besuchern bevorzugt. So fuehrt Surin einen touristischen Dornroeschenschlaf im Schnittpunkt der Khmertempel Prasat Phanom Rung, Muang Tam, Wat Ra Ngeng bei Sikhoraphum und Khao Phra Viharn, das wiederum mit Phimai konkurrieren kann. Die steingewordenen Anlagen aus dem Hinduhimmel ziehen sich ueber die kambodschanische Grenze hinweg bis nach Angkor. Dorthin kann man leider ihren Spuren auf einer individuellen Tour mit dem Leihwagen noch nicht folgen.
Überwiegend einfoermig sei die Landschaft des armen Nordostens, schreiben Reisefuehrer. Aber wer sich von den meist schnurgraden Strassen abwendet und unbekuemmert ueber Land faehrt, dem oeffnet sich ein ganz anderes Bild mit vielen abgelegenen Schoenheiten, vor allem im Sueden an der Bergkette des Dang Rek mitder kambodschanischen Grenze und im malerischen Loei weiter im Norden. Die Reisdoerfer im fruchtbaren Schwemmland des Mekongs haben den urspruenglichenCharakter genuegsamen Landlebens, in Tuempeln und Wasserrinnen suhlen sich die Bueffel, auf den Feldern wird mit Netzen und Reusen gefischt, Ochsenkarrentrotten gemaechlich vor unserem Wagen einher. Natuerliche Flusslaeufe, Staudaemme und Kanaele haben die Schaeden des Raubbaus an den Waeldern sanft gelindert unddem Land einen bescheidenen Wohlstand gebracht. Aber wo der Sandstein des Khorat-Plateaus zu tonigen Boeden verwittert ist, gibt die Erde nur magere Ernten her. Das Wort Isan bedeutet Wohlstand und Weite, die Landschaft ist treffend bezeichnet. Man verfaehrt sich oft auf der Suche nach wenig bekannten Khmer-Ruinen, aber ein beherztes ' yuh tienai...' (wo ist...?) fuehrt doch nach Prakhon Chai, dem Ausgangspunkt fuer Prasat Phanom Rung und Muang Tam.
Der Isan ist anders Wegen der Khmer-Architektur allein wird kein Europaeer die zwoelfstuendige Flug- und eine ungewohnte Mietwagenreise auf sich nehmen. Weitere Sehenswuerdigkeiten sind die Felszeichnungen in Pha Taem bei Ubon Ratchathani, die Ausgrabungsstaetten von Ban Chiang bei Udon Thani und die wilde Berglandschaft in der Region um Loei mit dem Nationalpark Phu Kradung. Khmer-Überreste findet man im ganzen Isan. Das fuellt vielen highlight-verwoehnten Touristen hoechstens eine Woche aus. Die Pak Isan-Tour eignet sich daher mehr fuer Besucher, die das traditionelle, laendliche Leben der Region kennenlernen und nicht an den brennenden sozialen und oekonomischen Problemen vorbeisehen wollen, mit denen die Laender Suedostasiens insgesamt konfrontiert sind. Wie waer’s da mit einer Reise am Mekong entlang, der auf 1.500 Kilometern die Grenze zu Laos bildet? Man kann ohne weiteres im kleinen Grenzverkehr von Thailand nach Laos, beispielsweise von Mukdahan nach Savannakhet oder von Nong Khai nach Vientiane ueberzusetzen, wenn man sich diese Orte vorher ins Visum eintragen laesst. Ob man den Mietwagen benutzen kann, muss man mit der Verleihfirma aushandeln.
Auch an weniger bekannten Übergaengen ist es leicht, Stippvisiten nach Laos zu machen, wenn man sich einem einheimischen Taxi- oder Tuk Tuk-Fahrer anvertraut. Denn die Thai des Isan sind den Lao so nah verwandt, dass sie untereinander keinen Dolmetscher brauchen. Die Geschichte - die franzoesisch-siamesischen Vertraege von 1902, 1904 und 1907 schrieben grundsaetzlich den heutigen Grenzverlauf fest - brachte es mit sich, dass im Isan weit mehr Lao leben als in Laos selbst. Rund 17 Millionen Lao im Nordosten Thailands stehen nur knapp 5 Millionen in Laos gegenueber. Ethnisch und in den kulturellen und religioesen Traditionen zaehlen die Lao -untereinander durch verschiedene Migrationswellen wiederum ein Flickenteppich - zur Thai-Lao-Familie, die unter dem Druck der Mongolen und Chinesen gemeinsam nach Indochina einwanderte.
Der Mekong ist nur politisch eine Grenze. Die "Lebenslinie Suedostasiens" hat ueber Jahrtausende an beiden Ufern Reisfelder bewaessert, Ökonomien geformt und Kulturen gepraegt. Vor allem hat die "Mutter aller Wasser" die Menschen genaehrt, die nun beginnen, ihre Umwelt hemmungslos auszubeuten. Wer offenen Auges am Strom entlangfaehrt, erlebt teilweise ein grelles Kontrastprogramm: Das lange verschlossene, archaisch wirkende Laos - still liegt der tropische Bergwald, wild und maerchenhaft schoen, an kleinen Haefen arbeiten noch Elefanten, verwunschen scheinen die Doerfer aus Stelzenhaeusern - grenzt sich ueber weite Strecken noch vom westlich-modernen Thailand ab, das knallbunt protzt. Der Mekomg ist ein Hit, im einst beruechtigten "Goldenen Dreieck" boomt bereits der "Ich war da"-Tourismus. Aber vergessen wir die droehnenden Speedboote!
Der Isan hat in vielen Regionen noch urspruenglichen Charme, in laendlicher Idylle scheint die Zeit stillzustehen. Charakteristisch ist hier das Pfahlhaus. Es ist so typisch fuer den Isan, dass schon in den Anfaengen laotischer Reiche die Grenzziehung nach dem Prinzip erfolgte, Laos ist dort, wo die Leute Pfahlhaeuser bauen, Klebereis essen und die Bambusfloete spielen. Ein herkoemmliches Haus wird in der Regel mit drei Reihen von Pfaehlen errichtet, die viel ueber den Status des Besitzers aussagen. Pfahlhaeuser schuetzen vor Überschwemmungen und Ungeziefer, bieten gute Durchlueftung und praktische Entwaesserung, unter dem Haus Abstellmnoeglichkeiten -Webstuehle, Spinnraeder, Reismoerser, Bettgestelle u. a. - und ein schattiges Plaetzchen fuer die Mittagsruhe in der Haengematte. In den Staedten hat man den Fussbodenbetoniert und die Waende zugemauert; damit gewann man zusaetzlichen Wohnraum im Erdgeschoss. Die hoelzernen Schindeln sind meist Wellblech gewichen, Frevel am Bau, nicht zum Vorteil der Bewohner.
Praechtige Palaeste findet man im Isan nicht. In der eigenstaendigen Baukunst dominieren die Tuerme (That) und Tempel (Wat). Die That unterscheiden sich in ihrer einfachen, nach oben hin verjuengenden Form - wie eine geschlossene Lotosbluete - deutlich von Bauten der Khmer und Siamesen. Um Irrtuemern vorzubeugen: Die spitz zulaufenden Tuerme heissen je nach Region und Kultur-Epoche Chedi (Thailand), That (Laos), Prang (Khmer), Pagode (Burma), Stupa (Indien, Nepal) oder Dagoba in Sri Lanka. Die Tuerme sind in erster Linie Reliquienschreine und dienen der Erinnerung. Die aeltesten heiligen Stupas, buddhistische Kultstaetten mit indischem Einfluss auf Bau und Gestaltung, stammen aus dem 6. Jahrhundert, dem Reich Souvannaphoums, das bekannter ist unter der chinesischen Bezeichnung Funan. Unter der Herrschaft der Khmer wurden sie zu hinduistischen Staetten umfunktioniert, bevor sie im Reich Lane Xang zu ihrer buddhistischen Bestimmung zurueckfanden.
Der Phra That Phanom ist das heiligste religioese Monument des Isan und einer der wichtigsten Chedis in ganz Thailand. Er wurde um 900 nach Christus erbaut und mehrmals wiederhergestelltt. Zuletzt brach er 1975 unter starkem Monsunregen zusammen. Der Chedi ist jetzt 52 m hoch, seine Spitze goldverziert. Vier weitere historische Stupas liegen auf dem laotischen Ufer des Mekong: That Luang in Vientiane, That Sikhottabong in Thakhek, That In Hang in und That Phone 40 km suedlich von Savannakhet, alle bis auf That Phone vom Isan aus leicht zu erreichen. Die That befinden sich meist in einem Wat, der alle, von einer Mauer umgebenen Gebaeude einer buddhistischen Tempelanlage bezeichnet. Das religioese Zentrum bildet ein Bot, die Gebetshalle, laotisch Sim; wir benennen die Halle, oft faelschlicherweise auch die gesamte Tempelanlage, als Pagode.
Nur selten biegt ein Touristenbus in Udon Thani vom Freundschafts-Highway nach Ban Chiang ab. Mit dem Mietwagen ist es ein Katzensprung. Mittlerweile streiten sich die Archaeologen, ob sie die Funde einer der zahlreichen "Wiegen der Menschheit" nun in die Jahre 6000 oder 2000 vor Christus legen sollen. Wenn man vor der Grube mit den Urnen steht, ist das unbedeutend, und fuer den einzelnen eruebrigt sich die Frage: "Was wird eigentlich nach den Touristen kommen?"
P.S.:
Nordthailand fuer Schnell-Individualisten Kurze Hinweise an einen Freund
Unbedingt bei Mietwagen oder Motorrad in thail. Buchhandlung "Thailand Highway Map" kaufen, weil dort die meisten Strassennummern der Nebenstrassen angegeben sind; Orte in Thai und Engl., so dass man gut "du thinai ......." fragen und auf den Thai-Namen zeigen kann.
Bk ueber 305 nach Nakhon Nayok bis 304 und dann nach Khorat (evtl. Seidenkauf in Pak Thong Chai, zumindest Webereien anschauen). Phimai.
Über Nebestrassen auf die 24 oder 218 zu, von dort weiter nach Phanom Rung & Muang Tam - inzwischen voellig restauriert; tolle Strecken mit viel Verfahrerei.
Über 24/221 nach Prasat Preah Vihear - in Cambodia, aber keine Schwierigkeiten ohne Visum; fuer mich beeindruckender als Phimai, wirklich ein kleines Angkor, weil noch sehr urspruenglich.
Wenn man nach Pakse’ in Laos und zu den Khmer-Tempeln Vat Phu/Um Muang will, Nebenstrassen an der Grenze entlang bis zum Übergang Chonghek/Vangtao - evtl. Visum in Bk besorgen - sonst besser ueber Ubon Ratch.
Von Mukdahan aus Besuch von Savannakhet in Laos - Visum evtl in Bk. In Laos & Kambodscha kommt man mit Baht zurecht.
Am Mekong entlang bis Nong Khai mit Tagesausflug nach Vientiane - Stadt lohnt nicht, aber das aelteste Wat ist sehr sehenswert - oder ueber Sakhon Nakhon nach Ban Chiang.
Von Nong Khai ueber Ban Phu oder an der Grenze entlang auf die 203/12 nach Phitsanulo/Sukhothai, ueber Si Satchanalai nach Phrae; im Luxushotel Mae Yom Palace Rabatt von 50% erhandeln, ist dann billiger als im Guesthouse. Der Weg nach Nan mit seinen herrlichen Wats ist ein Genuss.
Auf Nebestrassen nach Chiang Rai, ueber 109/118 nach Chiang Mai, mit Motorrad sehr schoen auf den Doi Inthanon; in der Umgebung von Ch. M. kann man gut eine Woche verbringen.
Lamphun/Lampang, ueber Tak nach Kamphaen Phet. Mit Abstecher nach Lop Buri, weiter Ayutthaya & Bang Pa In.
Wenn es noch nicht reicht, auf Nebenstrassen nach Kanchanaburi und die 323 hoch, ueber Nakhon Pathom nach Bk zurueck oder ein paar Tage ans Meer suedlich von Phetchaburi - an der Kueste neue Anlagen - oder nach Hua Hin.
Die Nebenstrassen sind durchweg asphaltiert, Übernachtungsmoeglichkeiten kein Problem.
Ich wuensche viel Spass und moechte am liebsten schon wieder los.
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