Die Airline hatte kein Delay und der Flug war nicht gecancelt, der Airbus rollte on Schedule ueber die Runway. Im Terminal ready zum Take-off offerierte mir die Ground-Hostess die Boarding Card. Auf dem Weg zum Gate warf ich kurz einen Look in den Duty-free-Shop, verstaute gerade das Bordcase und wollte mich relaxed ausbreiten, da servierte der Purser mit seiner Crew schon die Snacks, tatsaechlich ohne Ketchup.
So sind wir Deutschen: Salopp sprechen wir Denglish, eine Art 'Angelsachsen-Pidgin', beileibe nicht nur im Urlaub, nein, zur Übung schon daheim. "Hi!" ruft morgens mein Nachbar und wedelt mit dem Handy. Wir finden das schick. Es ergiesst sich wie Ketchup ueber Hamburger, ein Potpourri von Kuerzeln und Kauderwelsch im Volk der Sprachpanscher. Ist Deutsch ‚unkaputtbar‘ gut, wie Coca-Cola das von einer Limonadenflasche behauptet? Der hochgebuerstete Sprachstil der kreativen Spruecheklopfer ist kein Kunststoff der Producer. Nicht alle Woerter aus den Innovation-Centers der Tour-guides, Travel-agents, Incentive Tours und Airliners sind recycelbar.
Als verwegener Angler wage ich bisweilen eine Individualtour, sagen wir - unverfaenglich - nach Thailand. Pattaya ist ein gutes Jagdrevier - auf Sail, Haie und Barrakudas, damit keine Missverstaendnisse entstehen. Hatte ich vorsichtshalber den Times-Artikel ueber die 'German linguistic submissiveness', unsere bekannte sprachliche Unterwuerfigkeit, ueberflogen, muss ich die Travel-Service-Hostess hinter dem Counter ziemlich perplex angestarrt haben, als sie loslegte: "Jetten Sie single oder double, IT, Comfort oder Business Class? Carrier? In Bangkok Bed & Breakfast oder Full Service, Fly-and-Drive-Arrangement, Rent-a-car oder nur Transfer vom Airport zur City-Lodge?"
"Nein," sagte ich, "nur so schnell wie moeglich nach Pattaya." Sie orderte kurz angebunden ueber die Hot-Line zum Tour-operator einen Last-Minute-Flug zur Destination. Mein Plastic-money war welcome und ich konnte die Tickets sofort mitnehmen. Ob sie wohl wusste, dass bei der Lufthansa mit dem neuen Standby oneway Upgrade-Voucher direkt beim Check-in das Ticket aufgewertet werden kann? Jedenfalls hatte sich ihr Deutsch verabschiedet, lieferte nur noch Fuellmaterial. Deutsch und Italienisch sind zur Zeit die ‚kaputtesten‘ europaeischen Sprachen; es ist wohl kein Zufall, dass beide Voelker ein gebrochenes Identitaetsbewusstsein haben.
Da ich kein cleverer Business-Traveller bin, der im Full-time-Job, von Meeting zu Meeting duesend, beim Stopover kurz Big Game Fishing als Post-convention-Tour einschiebt, schwebt mir - natuerlich immer to the real things - kein organisierter Ego- und Ökotrip vor. Es geht nicht auf Humboldts Spuren den Rio Negro hinauf in die Gruene Hoelle oder schlicht nach Afrika, Big Game und Safaris, natuerlich vom Fuenf-Sterne-Hotel oder von einer All-inclusive-Clubanlage aus, denn sonst gibt es in den Gegenden keine anstaendige Bleibe!
Mein Holiday-Traum ist Pattaya: Highlife und Action an jeder Ecke. Welcome-Drink in der Lobby, Cocktail am Swimmingpool, nach dem Barbecue zur Open-air-Disco oder Landesfeeling bei der Folklore-Show einatmen. Wow! Nur die Big Game Boote sind schlichter, keine komplett ausgestatteten Hochsee-Yachten, die Boys(!) servieren keine Softdrinks und Lunch an Bord, aber High-noon vor dem Drill, auch abwechselnd short und long days, damit time bleibt fuer Surfen, Sightseeing und Shopping. Wow!
Und ueberall deutsches Urlaubsverhalten! Von wegen Goethe: "Es ist der Charakter der Deutschen, dass sie ueber allem schwer werden, dass alles ueber ihnen schwer wird." Eher Harald Juhnke: Er liebt deutsches Bier und das Dilirium. Das Schoenste am deutschen Kegelklub ist die Jahresfahrt nach Malle zum Ballermann in Arenal. Pattaya macht ihm Konkurrenz: Dort wohnen sie im exklusiven Tausendmannhotel, trinken ihr Bierchen am Strand und rauchen Lord. Junge Deutsche amuesieren sich in den Nachclubs und leisten sich aufregende Affaeren mit braungebrannten Schoenheiten. Warum Kondome? Deutsche Frauen lieben die Pille, nur Auslaender haben Aids.
Deutsche Yuppies tragen Versace oder Hugo Boss. Deutsche Hausfrauen tragen Kittel in Himmelblau, wenn sie ueber fuenfzig sind, deutsche Studenten tragen lange Zoepfe, deutsche Sekretaerinnen lackieren die Fingernaegel und kochen Kaffee, deutsche Chef-Gattinen lustwandeln durch die Einkaufsstrassen und fahren den kleinen Citycar, deutsche Plamates tragen nichts. In Pattaya fahren alle Jeep, gehen gern shoppen, tragen Schlabberlook und oben ohne. Denn Pattaya ist international. Deutsche sind international. Zu Hause hassen sie Auslaender, aber im Ausland wollen sie geliebt werden, nicht nur der harten DM wegen.
Sonntags gehen sie brav in die Kirche, tiefglaeubig und vorbildhaft, im Ausland zertrampeln sie jedes Tabu. Sie verehren Bismarck und das konservative Regime, hassen Multikulturalitaet und Ausschweifungen. Sie lieben die zehn Gebote und haben ein Auge auf jeden Nachbarn. Bereits 1860 schrieb die Times: "Waere die Art der Deutschen wie unsere Art, wuerden sie von praktisch denkenden Staatsmaennern regiert anstatt von Zuchtmeistern und Sophisten. Aber da wir wissen, was sie sind, sehen wir in ihrem Verhalten nur ein weiteres Beispiel jener Schwaeche und Perversitaet, die ihnen so viele Missgeschicke gebracht hat."
In England und in den Vereinigten Staaten werden wir "Krauts" genannt. Kommt von Sauerkrautfressern. Dabei essen wir donnerstags schon seit fuenfzig Jahren Gruenkohl. Puenktlich um zwoelf - auch in Pattaya. Fragen Sie dort einen Landsmann, wie es ihm geht, wird er garantiert antworten: "Ich kann nicht klagen." Der Bedauernswerte: Nicht einmal in Pattaya geht's ihm schlicht und einfach gut. Wenn ein Thai diesen Unterschied versteht, weiss er, warum Deutsche in ihrem liebenswerten Land mit sanuk und mai pen rai nichts anfangen koennen. Ihr Blut kommt nur in Wallung, wenn Derrick sein Gebiss zeigt.
Alles roger oder rien ne va plus? Und jetzt macht die "Maus", ein gelungenes Beispiel fuer angeblich unuebersetzbare Woerter, klick. Und denken Sie zu Hause daran: Die kluegsten Deutschen lassen ihre Kinder von Anfang an Englisch lernen, damit diese wenigstens eine Sprache richtig beherrschen. Die Enkel muessen dann auf Spanisch umsatteln, denn das erobert im Augenblick die Vereinigten Staaten und wird die Lingua franca der Zukunft. Bis es so weit ist, verraten Sie uns den Plural von Walkman. Sorry, das ist ja Nippon-Pidgin!
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