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Eine Reiserfahrung der kriminologischen Art |
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Bizarre Schoenheit
"Wer eine Reise tut, kann was erzaehlen", sagt der Volksmund. Eine Reiserfahrung der kriminologischen Art liefert Claudia Mueller-Ebeling
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An die erste Reise nach Thailand erinnere ich mich als etwas Angenehmes in unheimlicher Verpackung. Was als Studienreise ins Land des Laechelns geplant war, entpuppte sich gleich zu Beginn als Ausflug in unbekannte Schrecken. Beim Einchecken im Amsterdamer Flughafen Schipol informierte uns die gewissenhafte Ground-Stewardess der KLM, dass Langhaarigen die Einreise verweigert werden koennte, der Gast aber darauf hingewiesen wurde und die Rueckreisekosten aus eigener Tasche sich zu zahlen verpflichtet. Wir sassen, Maennlein und Weiblein, langhaarig, im Flugzeug und hatten mulmige Gefuehle. "Sofortige Rueckreise moeglich!" geisterte ueber Stunden in unseren Koepfen, und mutig legten wir die Haare bei der Immigration in den unverdaechtigen Ruecken. Unvermutet ging alles wie von selbst, und die truegerisch idyllische Fuellung der fuenftaegigen Zwischenlandung nach Nepal, zu Gast im Koenigreich Thailand, begann. Mit Besuchen goldglaenzender Tempel, zaehnefletschender Krokodile, giftspeiender Schlangen, anmutiger Taenzerinnen und kunstfertiger Masseurinnen. Kurz vor Weiterflug entdeckten wir in unserem Mittelklasse-Hotel, dass sich nach 22 Uhr als Puff entpuppte, eine schwarze Tafel mit bedrohlichen Erfahrungsberichten von menschenunwuerdigen Situationen namentlich genannter Gefangener aus aller Herren Laender, denen (heimtueckisch oder aus Mangel an Umsicht) eindeutige Quantitaeten verbotener Substanzen untergeschmuggelt beziehungsweise nachgewiesen worden waren. In den beruechtigten Knast von Bangkok sollte man diesen armen Individuen am besten Obst mitbringen. Hanf, Heroin und Kokain sei reichlich vorhanden, verkuendeten die handgeschriebenen Warnungen. Den Rest der Zeit verbrachten wir abstinent und mit klammen Gefuehlen, bevor wir, unbehelligt, nach Nepal weiterreisten.
Von idyllischen Begegnungen mit den Kulturblueten des Theravada-Buddhismus lebt die Hochglanz-Reisebroschueren-Industrie. Doch wer wuenscht sich nicht insgeheim schauernden Prickel bei der Lektuere exotischer Drogenerfahrungen? Und wer daechte beim Stichwort Thailand nicht an Prostitution, goldenes Dreieck, Opium, Thaisticks und orgiastische Raveparties?
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Einen erholsamen Urlaub im exotischen Paradies versprachen sich Andrea und Rudi. "Richtig ausspannen, Beachparties erleben, die Baeuche in die Sonne strecken und auf allen Luesten Klavier spielen", war ihr Ziel. Nach einigen Tagen in Bangkok landeten sie zu diesem Zwecke in Ko Phangan, der legendaeren Rave-Insel des Landes der sanften Schoenheiten, goldenen Tempelanlagen, der schmackhaften Huehnerspiesse in Kokossauce - und der freizuegigen Orgienmoeglichkeiten.
Zunaechst liess sich alles ganz idyllisch an. Die erste Party sollte steigen - keine Vollmondparty, sondern eher ein kleineres Event von circa 150 Leuten - und unsere beiden Freunde aus Deutschland packten ihr Raenzel: Knackiges Partyoutfit nebst noetiger Stimulanzien. Die Vorsicht riet ihnen, den Joint lieber im gemuetlichen Strandbungalow zu geniessen, nach Genuss zu vernichten und den ersten Ecstasy-Trip dort selbst einzupfeifen. Zur Sicherheit hatte man noch einen Buster im unauffaelligen Slip dabei. Derart praepariert startete das Paerchen.
Der malerische Strand an der anderen Seite der Insel war schnell erreicht. Das Ambiente viel versprechend. Die beiden waren schon bei den ersten Vorbereitungen vor Ort und genossen die sich wandelnde Szenerie. Vor dem Sternenhimmel leuchteten die Lichtobjekte der Partyveranstalter im Schwarzlicht. Allmaehlich fuellte sich der Dancefloor. Die Musik war schweisstreibend, und die viele Fluessigkeit verlangte diktatorisch nach Ausgang.
Andrea strebte ins Dunkel, um sich zu erleichtern - und mit einem Buster zu bereichern. Im Schutz der nachtschwarzen Baeume liess sie sich zur befreienden Hocke nieder und sah sich ploetzlich - noch in peinlich-eindeutiger Haltung - von lauter kleinen, schwarzen Maennchen umringt, die ploetzlich und unerwartet aus dem naechtlichen Nichts auftauchten. Schwarz gewandet hatte sich die oertliche Polizei in Baeumen und Bueschen verschanzt, um im Dunkel zuschlagen zu koennen. "Die Party war rings um uns herum entstanden. Da wir schon von Anfang an da waren, haben wir gar nicht bemerkt, dass sich ein Ring von Bullen um uns gezogen hatte. Viele, die spaeter gekommen waren, wurden kontrolliert. Sie schlagen nur beim Rein- und Rausgehen zu - und wenn man sich von der Party entfernt. Schliesslich wuerde ein allzu oeffentliches Auftreten den Ruf des Touristenparadieses gefaehrden", erkannten die beiden im Nachhinein. Erst spaeter auch wussten die Raver, welches Verhalten besser gewesen waere: "Am sichersten ist natuerlich, man verzichtet voellig auf jede Art von Stimulanzien. Jedenfalls aber ist man geschuetzter, wenn man die Pille in der Menge einwirft und sich damit nicht absondert." Zurueck aber zur "Notdurft". Unvorsichtigerweise hatte unsere Urlauberin nach ihrem Top gegriffen und die kleine, eingeschweisste Pille zwecks Geschmacksintensivierung aus dem Versteck gezaubert. Eine unmissverstaendliche Geste, die die Ordnungshueter aus dem Nichts auf den Plan rief.
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"Ploetzlich stand ich mitten im Scheinwerferlicht, und man rief mir in unbeholfenem Englisch zu: ,Hands up! Don’t move!‘ In Panik warf ich die Kapsel von mir." Der Freund auf dem Dancefloor wunderte sich, warum Andrea nicht zurueckkam. Er wanderte zum Gebuesch und fand sich umringt von Polizei. Die erste Reaktion war Ärger. "Was macht Ihr hier mit meiner Freundin. Lasst sie los. Seit wann wird man beim Pinkeln festgenommen?" Dann realisierte er den Ernst der Lage und versuchte zu retten, was zu retten war. Das Corpus delicti war im Gras gefunden worden. Die Überzeugungsarbeit, es handele sich um Kopfschmerztabletten, fruchtete nicht so recht. Die Stimmung wurde aggressiver. Vier andere ahnungslose Urlauberinnen waren ins Netz gegangen: Wegen eines Joints in der Zigarettenpackung, der bei der peniblen Durchsuchung am Eingang zur Party entdeckt worden war, einer Pille Ecstasy, eines verraeterischen Zuges an einem "gewuerzten" Glimmstaengel, und ein junger Grieche war ertappt worden, wie er gerade seinen Joint im Sand ausdrueckte. Bei der Abwicklung des Geschehens ergab sich eine Situation, in der sich Andrea und Rudi allein mit dem Chef der Operation fanden. "Ich weiss inzwischen, dass wir da die Moeglichkeit gehabt haetten, die ganze Affaere mit Schmiergeld zu ,bereinigen‘. Da wir aber nicht das noetige Kleingeld hatten - es haette sich um 100.000 Baht gehandelt, das sind umgerechnet 6.000 Mark - lief die Situation ordnungsgemaess ab. Die Handschellen klickten und man transportierte uns mit Mofas zum oertlichen Knast nach Haad Rin." "Zweimal wurden wir gefragt, wer in den Bau wandern will. Die Frau oder der Mann? Es geht also offensichtlich nicht darum, wer Schuld hat, sondern wer am besten die Kohle beschaffen kann", ist beiden klar geworden. Sie einigten sich darauf, dass Rudi groessere Chancen habe, etwas erreichen zu koennen. "Das ganze ist ein Wirtschaftszweig", lautet Rudis und Andreas Analyse vom Urlaubsgeschehen. "Tagsueber verdienen Thais mit Hotels, Restaurants und Dienstleistungsgewerben das legale Geld am Tourismusgeschaeft. Nachts werden manche zu Privatspitzeln und Kopfgeldjaegern, die sich schwarz noch einmal am Business der Drogenverfolgung bereichern. Sie haben nur die Kohle gerochen... Je groesser die Geduld und die noetige Freizeit der geschnappten Touries ist, desto geringer werden die zu zahlenden Kautionssummen und Strafen."
Der normale Gesetzesweg sieht vor: Man zahlt (von Fall zu Fall) eine Kaution von 30.000 Baht und kommt frei. Allerdings ohne Pass und mit der Auflage, auf den Gerichtstermin zu warten, was zwei oder mehr Monate dauern kann. Die gebusteten Urlauber werden in Hotels und Restaurants entsprechendes Geld los und muessen sich jede Woche melden. Vor Gericht wird dann eine Strafe festgelegt, deren Hoehe in der Regel der Kaution entspricht. Dann bekommt man den Pass ausgehaendigt und muss das Land verlassen. Der Erloes aus dem illegalen Schwarzhandelsgewerbe ist fuer die beteiligten Thais allerdings lukrativer. Auch den betroffenen Touristen bietet sich dieser zweite, illegale Weg an, denn wer hat schon das noetige Geld und die Freizeit fuer diese Art von "Zwangsurlaub"?
Begleiten wir Andrea hinter die Gitter.
Von aussen war der erste Knast auf Ko Phangan geradezu idyllisch laendlich. Aus dem vergitterten Fenster im ersten Stock blickte man auf Palmen und Strand und haette das Gebaeude mit dem Innenhof auch mit einem Hotel verwechseln koennen. Von innen aber war es nicht so gemuetlich. "In der kleinen Zelle, wo ich mit den drei Frauen von der Party sass, war ein Loch im Boden, hinter einem halbhohen Maeuerchen: das Klo. Waschen konnte man sich nicht" meint Andrea und gruselt sich vor dieser Erinnerung. Hierher wurde auch ihr Freund gefuehrt, mit dem sie sich - getrennt durch die Gitterstaebe - austauschen konnte. Er brachte ihr Essen, Tampons und zwei Sarongs. Die wichtigsten Utensilien fuer den ungewollten Aufenthaltsort, denn mit den Tuechern konnte sie sich im zweiten Knast beim Waschen verhuellen, um dem landesueblichen Schamgefuehl Genuege zu leisten. Gleichzeitig dienten sie als Decke und Laken.
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Den zweiten, grossen Sammelknast in Surat-Hani auf dem Festland (vor dem letzten beruechtigten Verwahrsam in Bangkok) belegten 1.300 Maenner und 55 Frauen. Wer das Glueck hatte, Verwandte oder Bekannte in der naeheren Umgebung zu haben, konnte sich auf das Essen freuen, das diese vorbeibrachten. Vollpension naemlich gibt es in Thailands Knaesten nicht. (Es sei denn, man rechnet scharfes, heisses Wasser mit schwimmenden Huehnerfuessen dazu.) Daher haben sich ueberall Maerkte vor den Knaesten gebildet, damit Besucher sich mit Proviant fuer die Gefangenen ausstatten koennen. 1 Apfel kostet 50 Baht. Das sind umgerechnet 2,50 Mark. Schon wer aus Übermut eine Buddhastatue erklettert oder respektlos beruehrt, kann sich hinter Gittern wieder finden... Manche Frau sitzt mit ihrem im Gefaengnis geborenen Kind ein. Im Knast herrschen raue Sitten, Marke Doppelmoral. Frauen duerfen nicht rauchen. Tun sie es trotzdem, drohen ihnen nach guter alter Sitte Stockschlaege. Maennern hingegen ist der Zug am Glimmstaengel erlaubt. Leisten sie sich andere Übertretungen, werden sie ausgepeitscht. Andrea hatte Glueck. Begreiflicherweise waren keine Verwandten vor Ort. Doch nahm sich eine Clique von Frauen ihrer an, versorgte sie mit Essen und schuetzte sie vor den (lesbischen) Attacken der Mitgefangenen. "Die Frauen haben mich wirklich gerettet", erinnert sich Andrea. "Sie erklaerten mir, was ich tun und lassen sollte und wie man sich waschen kann, ohne nackte Haut zu zeigen."
Waehrend sich Andrea unfreiwilligerweise mit den Gepflogenheiten des thailaendischen Frauenknastes vertraut machen konnte, setzte ihr Freund in der Freiheit alle Hebel in Bewegung. Er sandte Rettungsrufe in die ferne Heimat und verbrachte die Urlaubszeit mit klammen Besuchen bei Konsulaten und auf Polizeistationen. Es war klar. Es ging um Geld. Eine Kreditkarte hatten sie nicht; ebenso wenig die 30.000 Baht Kaution fuer den ersten Knast in Haad-Rin, von dem sich eine der Frauen von der Party freikaufen konnte. Die anderen waren fruehmorgens um fuenf Uhr aufs Festland verlegt worden. So wurde die bange telefonische Suche von Rudi nach "fluessigen" Freunden immer draengender und die Wartezeit auf die Überweisung der hohen Summe aus dem fernen Deutschland immer quaelender. "Mit welcher Ignoranz und Gleichgueltigkeit man auf Banken und in Konsulaten konfrontiert wird, ist unglaublich", erinnert sich Rudi. Im Reisebuero, wohin das Geld aus Deutschland ueberwiesen worden war, haendigte man es ihm nicht aus, weil die Inhaberin nicht da war. Die Bank, bei der der zweite Transferversuch gelandet war, hatte ihren Schalter vor zwei Minuten geschlossen. Der Besuch beim Konsulat in Bangkok war deprimierend. Mangelnde oder gezielte Desinformation und Angstmacherei diktieren den Ton mit Opfern der thailaendischen Drogenpolitik. "Man sagte mir, Andrea kaeme nun fuer Jahre hinter Gitter, wenn sie ueberhaupt jemals wieder rauskaeme", schauert es Rudi noch heute. Und Andrea ergaenzt: "In Wirklichkeit aber ist die thailaendische Polizei gar nicht interessiert, veraengstigte Westler durchzuziehen, die ihnen womoeglich noch im Knast krepieren. Sie sind nur an der Kohle interessiert, die sie aus ihnen herauspressen koennen."
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Im Knast von Surat Hani wartete Andrea auf Zeichen. "Ich wusste natuerlich, dass Rudi alle Hebel in Bewegung setzen wuerde. So abgeschlossen von allem entwickelt man eine Art Siebten Sinn und mehr als einmal spuerte ich, wie nah Rudi und das noetige Geld waren".
Inzwischen lag ein angebliches Laborergebnis vor. Und das war niederschmetternd. Man beschuldigte Andrea, sie habe Heroin bei sich gefuehrt. Heroin! Die beiden glaubten, damit sei ein fatales (Falsch)Urteil gesprochen. Es stellte sich jedoch heraus, dass dies Glueck im Unglueck war. Heroin wird in Thailand auf der Skala der Drogendelikte ziemlich unten angesetzt, Amphetamine, zu denen auch Ecstasy zaehlt, jedoch beaengstigend weit oben. Die Kautionsstaffelung kann jeder, der intime Beruehrung mit dem thailaendischen Strafvollzug hat, auf Listen oeffentlich einsehen. Hueben und drueben vom Knast erfuhren beide zudem, dass die thailaendische Rechtsordnung durchaus tricky ist. Da kann man zum Beispiel ganz legal in jeder Apotheke Amphetamin bekommen. Wird man jedoch damit "erwischt", droht ploetzlich der Bau.
Aus dem verwirrenden Dschungel von Rechtsprechung und Strafvollzug - dessen bizarre Schoenheit pro Jahr rund gerechnet 360 Angehoerige verschiedener Nationalitaeten am eigenen Leibe erkunden duerfen und der bereits Stoff fuer diverse Buecher und Verfilmungen bot - kam der Rettungsengel passend in weiblicher Gestalt. Es war eine im Tourismusgewerbe taetige Thailaenderin mit guten Kontakten zu allen Seiten. Wenn sich die Gefangene aus Deutschland bereit erklaere, nach erfolgter "Hilfeleistung" 50.000 Baht zu entrichten (das sind 3.500 Mark), dann koenne sie ihre Beziehungen zu allen Chargen der verantwortlichen Beamten spielen lassen. Hoffnung schoepfend willigte Andrea ein.
Waehrenddessen hatte sich Rudi einigermassen mit den oertlichen Gepflogenheiten vertraut gemacht. "Auf dem Markt vor dem Knast treffen sich alle, die am Deal beteiligt sind: Mittelsleute, Anwaelte, Gerichtsschreiber, Angehoerige, Knastangestellte und natuerlich Polizisten. Alle kungeln sie ihre Geschaefte aus. Hierhin kamen auch unser ,Rettungsengel‘ und der Anwalt. Sie versprachen mir, zum Preis von 50.000 Baht den Pass zu besorgen und Andrea aus dem Knast freizukaufen. Die offizielle Kaution von 30.000 Baht hatte ich schon am entsprechenden Schalter im Knast hinterlegt. Dafuer bekam ich eine Bestaetigung mit Stempel und den Hinweis, ich koenne Andrea um 17 Uhr vom Gefaengnisportal abholen. Dann kam der Chef des Knastes naemlich erst, und bevor er seine Unterschrift darunter setzte, passierte gar nichts." "Rudi hatte die Kaution um 13 Uhr hinterlegt. Innerhalb von einer Stunde wurde mir dieser Bestaetigungszettel gebracht, und ich musste ihn unterschreiben. Das lief alles ganz korrekt", rekonstruiert Andrea das Geschehen aus ihrer Perspektive.
Die hohe Summe hatte sich Rudi inzwischen in Bangkok besorgt und den beaengstigend dicken Stapel nach Surathani gebracht. Auf abenteuerlichen Wegen und ueber viel unglueckliche Hindernisse - Details ersparen wir uns an dieser Stelle; ebenso wie die Aktion der beiden, auch andere Gefangene aus dem Knast freizukaufen und die eigene Sicherheit zu riskieren.
Das Geschaeft mit Rettungsengel und Anwalt war die illegale Variante. Sie brachte die Loesung in der Daemmerung. Bei Abendlicht ging das Tor auf. Andrea und Rudi schlossen sich erleichtert in die Arme. Der erholsamste Wellness-Urlaub haette kein vergleichbares Gefuehl wiedergewonnenen Lebens bewirken koennen. "Wir sassen am Abend mit einem klammen Gefuehl von Erleichterung und Besorgnis, wie und wann wir nun den Pass erhalten wuerden, im Hotel in Surathani, um unsere Retter zu treffen. Wir schoben ihnen die 50.000 Baht unter dem Tisch zu. Es war wie im Krimi. Wir haben die ganze Situation, die jeder von uns aus einer anderen Perspektive erlebt hatte, natuerlich die Nacht hindurch ausgiebig diskutiert, waehrend wir auf unseren Pass warteten. Es ist ganz offensichtlich. Jeder verdient an dem Deal. Auch unser Rettungsengel. Mit dem Betrag von uns - gar nicht zu reden vom Einkommen durch andere in derselben Lage - sorgt sie fuer ein gutes Zubrot fuer sich und ihre Familie, wie auch fuer die geschmierten Bullen, den Anwalt und diverse Handlanger."
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Der Pass war die ganze Zeit in Ko-Phangan geblieben. Auch die oertliche Polizei war am Anteil des Kuchens interessiert. Den anderen Teil des Beutegeldes brachte ein Speedboat zu den Kollegen nach Surathani. Dann haendigte der Hotelier des Bungalows, in dem sie die ersten unbeschwerten Tage verbracht hatten, den beiden das begehrte Dokument aus. "Er war sehr hilfsbereit. Er war der Mann des ,Rettungsengels‘", wie sie erfuhren. Im Nachhinein allerdings sind beide positiv ueberrascht von der Solidaritaet unter den Gefangenen und der schikanelosen Korrektheit des thailaendischen Strafvollzuges. Malaysa und Singapur dagegen...
Mit dem florierenden Wirtschaftszweig "Raver-Schwarzmarkt" verdienen sich thailaendische Spitzel, Mittelsleute und Polizisten eine goldene Nase. Tatsaechlich ist mancher Ordnungshueter damit reich geworden. Das weiss auch eine in Deutschland lebende Thai, deren Exmann - ein Polizist - inzwischen einen Bungalow mit Swimmingpool und Luxuskarosse sein Eigen nennt.
Der ganze Spass kostete Andrea und Rudi 10.000 Mark, in monatlichen Raten zurueckgezahlt an den hilfsbereiten Freund.
Und die Moral von der Geschicht: entferne dich von der Menge nicht - und wenn, dann wirklich nur zum Urinieren. Der beste Rat ist tatsaechlich von der antiquiert konservativen Art: Nimm nix. Sonst siehst du das Paradies von der anderen Seite.
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Quelle: S. 20, Ausgabe 5/2000
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