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Kochkunst - Schlemmen ohne Reue |
Von Heinz & Rainer Pollmeier

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Wollen Sie nach einer Thailandreise Ihre Gaeste einmal wirklich beeindrucken? Dann bereiten Sie ein Thaiessen mit der pikanten Suppe Tom yam kung, Garnelen in heissem Sud, gebratene Huehnerbrust mit Cashewkernen und zum Schluss Kokoscreme in jungem Kuerbis. Da tummeln sich die Geschmacksnerven schon beim Lesen.
Ein Kochkurs in Bangkok verfeinert ihre Kuenste, nicht unbedingt im piekfeinen Oriental fuer Millionaersgattinnen, die den Segen hausfraulicher Arbeit entdeckt haben, sondern - nach einer phantastischen Klongfahrt - ein wenig ausserhalb im laendlichen Bang Yai. Es lohnt sich, denn bei uns gibt es fast in jeder groesseren Stadt asiatische Supermaerkte, die sogar frische Zutaten liefern. Im traditionellen Thai-Teak-Haus der Familie Fargrajang zeigt Ihnen Frau (Khun) Prasan aus dem Land der Feinschmecker alles, was man zu Hause gut herrichten kann.
Das ist nicht wenig, denn die ueppige Thaikueche gehoert zu den besten und schmackhaftesten der Welt. Auf Grund der zentralen Lage des Landes zwischen den grossen asiatischen Kuechen, der indischen und der chinesischen, haben die Thais, Meister der Assimilation, alle Einfluesse aufgesogen und veredelt. Indische Aromen gelangten ueber Burma, rustikale, bittere Wuerzmittel und der Klebreis ueber Laos/Kambodscha, muslemische Gerichte aus Malaysia ins Land; die chinesischen Einwanderer brachten die im Wok gegarten Speisen und den gedaempften Fisch.
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Alle Anregungen von aussen trafen auf ein gesegnetes Land und begabtes Volk: Fruchtbare Boeden und ergiebige Niederschlaege machten die weiten Ebenen des Menam Chaophaya zur Reisschale des Landes. Thailaendischer Reis ist beruehmt wegen seiner hohen Qualitaet. Im Westen erhalten wir oft den besten Teil der Ernte, den Duftreis, den die Thais liebevoll Khao hom malii nennen, nach Jasmin duftender Reis. Schon auf der Flussfahrt nach Nonthaburi kann man Bauern sehen, die gerade die schlammigen Felder mit den "japanischen Wasserbueffeln" pfluegen, wie die kleinen Traktoren scherzhaft heissen. Der Golf und die Andamanen-See liefern das Protein. Laufen in der Daemmerung die Fischerboote in eine typische Hafenstadt wie Prachuap Khiri Khan am Isthmus von Kra ein, sind Fisch und Meeresfruechte am naechsten Morgen bereits weit im Land auf dem Markt. Die Kueche des Suedens lebt stark von malaiischen Vorlieben mit Einfluessen aus dem Nahen und Mittleren Osten; muslimisches Curry wird fast nach nordindischer Manier gewuerzt und zubereitet. Man benutzt nicht weniger Chillies als im uebrigen Thailand, doch Kokosmilch lindert das Feuer.
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Im Schmelztiegel Bangkok buendelt sich die Vielfalt; das I-Tuepfelchen setzt die Palastkueche. In Bangkok wird Kulinarisches ernst genommen-wie in Paris. Es ueberrascht daher nicht, dass alle regionalen Kuechen vertreten sind, sogar die einfachen, kraeftigen Speisen aus dem Norden voll deftiger laendlicher Aromen. Noch mehr als der Norden ist Esan, der Nordosten, das Land des Klebreises. Die gedaempften Koerner sind rund und milchig, nicht glasig wie Normalreis.
Die Grundlage fuer die kulinarische Tradition bilden Reis und Nudeln; Fisch und Gemuese findet man haeufiger als Fleisch, helles wird dunklem vorgezogen. Sehr wichtig sind die aromatischen Zutaten und Gewuerze, insbesondere Chillies, die portugiesische Haendler erst im 16.Jahrhundert ueber Europa aus der Neuen Welt einfuehrten. Das phantasievolle und sorgfaeltige Wuerzen hat die thailaendische Kueche zu einer grossen gemacht - und keineswegs zu einer hoellisch scharfen, wie manche Tom yam kung zunaechst vermuten laesst.
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Die thailaendische Kuechengestaltung ist wie viele traditionelle Lebensweisen durch westliche Einfluesse in raschem Wandel begriffen. Doch einige alte Grundregeln sind gueltig. So blieben die wichtigsten Garmethoden bis heute Daempfen, Kochen und Braten. Es wird auf dem offenen Herd gegart und nicht im Backofen. Das rasche Garen bei starker Hitze und die Gerichte im Wok - die thailaendische Form hat einen praktischen Holzstiel - wurden von den Chinesen uebernommen. Bei Haeusern im alten Stil ist die Kueche wegen der Belueftung tatsaechlich ein getrenntes Gebaeude mit Lattenwaenden. So baute auch Khun Bip- ihr Nickname, den sich Auslaender besser merken koennen - fuer den Eigenbedarf und die Kochkurse ein kleines Kuechenhaus mit angrenzender Terasse direkt am Klong. Im Westen kommt das Garen ueber Holzkohlenfeuer kaum in Betracht, Gas eignet sich jedoch besser als Strom.
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Nahrungsmittel verderben in der Tropenhitze rasch. Kuehlschraenke und Klimaanlagen gehoeren noch nicht zum allgemeinen Standard. Darum wird taeglich frisch auf dem Markt eingekauft. Es gibt nur wenige Gerichte, die aus Resten bereitet werden. So ist die Vielfalt der in Salz- oder Essiglake eingelegten, getrockneten und fermentierten Nahrungsmittel erklaerlich. Vor allem auf den Doerfern sehen Sie oft Speiseschraenke, die durch Fliegengitter geschuetzt sind; ihre Beine stehen in Wasserschalen, um Ameisen abzuhalten. Sie enthalten eingelegten Knoblauch, getrocknete Chillies, Trockenfisch, in Salz konservierte Eier und Fischsauce.
Die beruehmte Nam plaa ist die Grundzutat der thailaendischen Kueche. Sie kann aus Meeres- und Suesswasserfischen hergestellt werden. Auf dem Weg nach Pattaya kann man im Seehafen Rayong dem strengen Geruch nicht entgehen. Hier liegt das Zentrum der kommerziellen Produktion. Die Trawlerflotte bringt taeglich tonnenweise Fisch. Er steht mit Salz vermischt einige Monate in grossen Faessern. Bei der Fermentation zieht man die salzige braune Fluessigkeit ab und laesst sie in Steingutkruegen "reifen". In der Kueche kann man die thailaendische Nam plaa, in der besten Qualitaet klar und bernsteinfarben, oder die vietnamesische Nuoc mam verwenden. Die Saucen unterscheiden sich nicht. Bei Tisch werden sie als Wuerze in chinesischen Saucenschaelchen mit einigen gehackten kleinen Chillies und einem Spritzer Limettensaft serviert. Man gibt einige Tropfen ueber sein Essen - wie bei uns Pfeffer und Salz - und erreicht das typische, unnachahmliche thailaendische Aroma.
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Die Thais essen selten allein, sondern ziehen Gesellschaft vor. Auch die Essgewohnheiten unterscheiden sich von unseren: Jeder Teilnehmer hat einen eigenen Teller, einen Loeffel rechts und eine Gabel links. Wenn es Suppe gibt, geniesst man sie aus einer kleinen Schale mit einem chinesischen Keramikloeffel. Die Reihenfolge der Speisen ist unwichtig, aber Gerichte werden nicht auf dem Teller vermengt. Sie werden gleichzeitig oder auf Wunsch nacheinander aufgetragen, und jeder Gast bedient sich selbst oder, was hoeflicher ist, seine Nachbarn.
Bei der Mahlzeit nimmt Reis eine zentrale Rolle ein und wird meist in einer grossen Schale auf den Tisch gebracht. Reis beherrscht die thailaendische Kueche wie die Landschaft der Zentralen Tiefebene. Kein Thai koennte sich einen Tag ohne einen Teller Reis vorstellen. Im Thailaendischen spricht man daher nie einfach von "essen", sondern mit Khin khao immer von "Reis essen". Die grosse Mehrzahl der thailaendischen Gerichte besteht aus kleingeschnittenen, vermengten Zutaten, die groesseren Stuecke sind mundgerecht zubereitet. Gewoehnlich beginnt man mit einer kleinen Portion, die man zum Reis gibt, und bedient sich dann an einem anderen Gericht. Die Speisen schiebt man mit der Gabel auf den Loeffel, mit dem man isst. Geht bei uns die Suppe dem Hauptgericht voraus, wird sie in Thailand zum Essen gereicht. Zu Nudelsuppen gibt es Staebchen; damit "befoerdert" man die Nudeln und Einlagen auf den kurzen Suppenloeffel.
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Essen in Thailand bedeutet mehr als nur Nahrungsaufnahme. Die Speisen werden moeglichst ausgewogen zusammengestellt. Das ist eine Frage des Geschmacks ohne feste Regeln. Einem scharfen Gericht steht ein mildes gegenueber, ein suess-saures wird mit einem scharf-saeuerlichen ausgeglichen, ein gebratenes mit einem gedaempftem, Kurzgegartes wirddurch Langgeschmortes und Fettes durch Mageres ergaenzt. Diese Leckerbissen sind Beigabe fuer den Mittelpunkt der Mahlzeit, den Reis. Ein thailaendisches Sprichwort besagt, dass "eine Mahlzeit ohne Reis den Magen nicht fuellt", und fuer einen Thai trifft das so zu wie fuer einen ueberzeugten Fleischesser, dem ein vegetarisches Gericht unvollstaendig waere.
Nudeln bilden das zweite Grundnahrungsmittel. Die Thais brachten Kwitiaow, die weisse Reisnudel, schon in den fruehesten Tagen der Besiedlung aus Suedchina mit. Reisnudeln werden pfannengeruehrt oder kurz in Suppen gegart. Wer sie ausgiebig als breite oder schmale Band- oder als Fadennudeln geniessen oder kaufen will, sollte Chinatown aufsuchen, denn hier liegt aus kulinarischer Sicht das Epizentrum der thailaendisch-chinesischen Kueche.
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Das Schneiden von Obst und Gemuese zu dekorativen Formen ist nicht nur in der koeniglichen Kueche, sondern auch im Alltagshaushalt eine Kunst fuer sich. "Das muss huebscher aussehen", tadelt Frau Bip sanft, "denn wir essen schliesslich mit den Augen." So werden Gemuese fuer Dips nicht einfach zerkleinert, sondern zu huebschen Formen geschnitten, Chillies oder Fruehlingszwiebeln koennen zu Blueten werden, kleine runde Gemuese wie Tomaten werden durch eine Reihe fortlaufender Einschnitte geteilt, aus kleinen Salatgurken formt man Blaetter oder man ritzt Muster ein. Bis zum Verzehr legt man sie in Eiswasser, damit sich die geschnittenen Teile nicht faerben. So erhaelt jedes Gericht eine feine Note.
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Richtig exotisch wird die Thaikueche bei den Suessigkeiten. Es werden vornehmlich Fruechte verwertet, und die Suess- und Nachspeisen haben einen blumigen Geschmack. Das unterscheidet sie total von der westlichen Kueche. Fuer den Transfer von Duftstoffen gibt es drei Moeglichkeiten: Suessigkeiten einige Stunden lang neben den Blumen stehen lassen, Blueten wie beispielsweise des Jasmin in gezuckertes Wasser einlegen, das zu einem Sirup verkocht wird, glimmende Raeucherstaebchen oder aromatisierte Kerzen mit Gebaeck in ein Behaeltnis geben. Nuancen der Duefte faerben auf die Suessigkeiten ab. Probieren sie einmal geraeucherte Kekse!
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Khun Bip kennt ihre Farangs (Auslaender) inzwischen recht gut und schlaegt gern Ersatzgemuese vor, wenn das Original in Deutschland nicht zu bekommen ist. Und da Thais praktisch veranlagt sind und immer Spass (Sanuk) haben wollen, raet sie augenzwinkernd: "Je mehr Chillies im Essen sind, desto weniger wird sich jeder Gast nehmen - dafuer steigt der Reisverbrauch." Denn zum "Loeschen" nimmt man keine kalten Getraenke, sondern einen Loeffel Reis.
Infos: Reservierung fuer "The Thai House" - 32/4 Moo 8, T. Bangmuang, A. Bangyai, Nonthaburi - ueber Mr. Paiboone Fargrajang, 22 Pra-Athit Road,Bangkok, Tel. 0066-2/280 07 40, Fax 280 07 41. Weitere Kochkurse: Oriental Hotel, Bussaracum Restaurant, Modern Housewife Center, UFM Food Center.
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